15th Stage, 1. Juli: Kaliningrad – Kolobrzeg Area (Poland), 591 km
16th Stage, 2. Juli: Kolobrzeg Area – Hamburg, Finish Line, 421 km
Die weltberühmte Schönheit der Kurischen Nehrung konnten wir in der tiefnächtlichen Dauervollregenfahrt nicht mal erahnen. Also beschliessen wir in Selenogradsk beim Frühstück mit Melanie und Domenico vom Team ‚123dabei‘, die Strecke an der Samlandküste ein paar Kilometer Richtung Norden zurückzufahren. Wahnsinn! Der Wind streicht über den regennassen Sand der Halbinsel. Die Eindrücke belohnen uns und sie sind die nochmalige Maut für die Fahrt durch den Nationalpark auf jeden Fall wert.
Wir nehmen noch ein paar Impressionen aus Kaliningrad mit. Der Wartburg wird zum Fotostar für eine Hochzeitsgesellschaft. Die ungewollte Begegnung mit einer Straßenlaterne während eines Rangiermanövers mit beschlagenen Scheiben und Spiegeln hinterläßt eine böse Narbe am Fahrzeugheck – eine Beule im Heckmittelteil und in der Stoßstange sowie eine zerbrochene Heckleuchte. Das schlechte Wetter empfiehlt ein baldiges Weiterfahren Richtung Hamburg. Kurz vor der Grenze zu Polen werden die letzten Rubel in Kekse und Kefir umgewandelt. Die polnischen Grenzerinnen und Grenzer lassen stundenlang auf die Einreise in die Europäische Union warten und geben mit ihrer Unfreundlichkeit alles andere als ein gutes Bild für die Aussengrenze der letzteren ab. Die Stimmung ist im Keller. Wir „müssen“ heute noch nach Stettin, über 400km liegen vor uns und es ist bereits später Nachmittag. Der Wartburg läuft schlecht: Wir wechseln unterwegs Zündspulen und Benzinpumpe. Der Vergaser vereist: mit verschlossener Kühlerjalousie soll es wieder besser klappen. Dauerregen und Dunkelheit sorgen für schlechte Sicht. Wir quälen uns durch Polen. Die Akkus der Piloten und damit die Konzentration erschöpfen sich. Mit reichlich Tankstellenkaffee im Bauch und Koffein im Blut erreichen wir unsere Unterkunft irgendwann in der Früh.
Halbwegs erholt starten wir in den Sonntag. Die letzte Etappe bricht nach über zwei Wochen an. Rückkehr nach Deutschland. Müdigkeit und schlechte Laune vom Vortag sind vergessen. Hansestadt, wir kommen! Wir sind rechtzeitig am Fischmarkt und fahren unsere grüne Biene stolz durch den Zielbogen. Noch haben wir nicht realisiert, dass wir 16 Tage lang um die Ostsee gefahren sind. Und plötzlich ist alles schon wieder vorbei. Im Lauf des Abends wischen wir uns die ein oder andere Träne aus den Augen. Der Wartburg hat die Piloten sicher und heil ans Ziel gebracht. Darauf jedenfalls einen Schluck Addinol!
Mit An- und Rückfahrt nach Süddeutschland hat der Wartburg tapfere 9219 Zweitaktkilometer zurückgelegt. Leider hatte am Morgen des Starts in Hamburg der Wartburgtacho seinen vorzeitigen Ruhestand beschlossen. Die täglichen Laufleistungen haben wir dann immer bei Partnerfahrzeugen, mit denen wir in der Gruppe unterwegs waren, bzw. bei Google-Maps erfragt. Korrekterweise müssen davon die 144 km abgezogen werden, die wir in Schweden „Huckepack“ unterwegs waren… Für die Tour einschliesslich der Anreise nach Hamburg und Rückreise haben wir einen Gesamtkonsum von 808,64 Litern Kraftstoff zusammengezählt. Dazu kommen noch ca. 19 Liter Zweitaktöl. Das entspricht dem Durchschnittstreibstoffverbrauch von 8,9 Litern/100km. Den teuersten 95-Kraftstoff haben wir in Norwegen und Finnland getankt: 1,75 Eur/Liter. In Russland gab es den Saft für unschlagbare 58 Cent/Liter…
Die meist gefallenen Sätze im Auto waren „der Motor klingelt“, “ich muss mal“, „wo sind wir?“ oder „wo ist?“ weil mal wieder etwas im Auto gesucht wurde.
Wir haben Millionen Eindrücke gesammelt und ein paar richtig coole Socken kennengelernt. Unsere Kollegenteams – allesamt Facebook-Bekanntschaften aus Südwest mit Nordkapziel – waren die Besten überhaupt. Zu den besonderen Momenten gehört auch das tolle Feedback der zahlreichen Leute, die unsere Tour im Netz leidenschaftlich verfolgten. Irgendwann während der Tour hat sich ein Herr aus Sachsen bei uns gemeldet, der gerne mal nachts die Aufnahmen der Webcam am Nordkap anschaut. Als die Autos dort im Altblechstau standen, fiel ihm besonders der grüne Wartburg mit der Startnummer 26 auf dem Dach auf, woraufhin der Mann recherchierte und sich bei uns meldete. Spätestens bei unserer erfolgreichen Aufholjagd in Schweden haben wir realisiert, dass uns diese Abenteuer-Tour so schnell nicht wieder loslassen wird. Den Baltic Sea Circle machen wir bestimmt wieder.
Danke an alle unsere lieben Freunde und Unterstützer vor und während der Tour, danke an das tolle Engagement unserer Sponsoren und danke an alle fleissigen Spender unserer Charity-Aktion!
Die gesamte Fotostrecke gibt es bei formfreu.de. Alle Fotoreihen zur Nachlese findet ihr gebündelt hier .